Die Jägerleitstellung an der Nordhelle

 

Um während des Zweiten Weltkrieges gegen feindliche Bomber der Alliierten gerüstet zu sein, wurde in Deutschland und darüber hinaus Stationen eingerichtet, die feindliche Flieger orten und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten konnten. Durch Norddeutschland und das angrenzende Holland und Belgien zog sich die sogenannte Kammhuber-Linie, eine Reihe von „Horchposten“, die alles, was über den Atlantik und den Ärmelkanal in das Deutsche Reich flog, erkennen und an den Zentralen Gefechtsstand weitergeben sollte. Weiterhin gab es im Landesinneren und in den umliegenden von Deutschland besetzten Ländern ein Netz von Peil-Stationen, die teilweise nachtjagdtfähig war. Das heißt, von diesen Stationen konnten die heimischen Jagdflugzeuge auch in der Dunkelheit zu den feindlichen Verbänden geleitet werden, um diese Bomber abzuschießen.

Eine dieser nachtjagdfähigen Stationen stand auf dem Ebbegebirge in der Nähe der Nordhelle und trug den Code-Namen „Nelke“. Sie wurde 1942-43 eingerichtet und ausgebaut. Hauptmann Weber war bis Kriegsende dort Kommandeur, Leutnant Nübel war ab Oktober 1943 dort als Jägerleitoffizier stationiert. Seine Aufgabe bestand u. a. darin, so genannte "Blitzmädel" oder  „Maiden“, also junge Frauen, in die technischen Abläufe der Tag- und Nachtjagd einzuweisen und zu schulen. Viele Männer waren im Krieg, so dass junge Frauen diese Aufgaben übernehmen mussten.

 

Jägerleitstellung und Löschteich im März 1945 auf und neben dem heutigen Parkplatz P5

 

Aufbau der Station

Solch eine nachtjagdfähige Station (bei uns eine Y- und Egon-Stellung) bestand zum einen aus zwei verschiedenen Arten von Türmen, die einander zugeordnet waren. Hier wurden die heimischen Jäger angepeilt und deren Signal empfangen. Im Gelände sieht man noch an fünf Stellen auf dem Ebbekamm je vier Fundamente mit den Außenmaßen 170x170 cm dieser so genannten Heinrichs-Peiler. Die Fundamente waren mit ca. 700 cm Abstand im Quadrat angeordnet. Auf diese Fundamente wurde ein Holzgerüst mit mehreren Etagen und seitlichen Verstrebungen gebaut. Es hatte auf der obersten Plattform eine Hütte und darüber war die Antennenanlage angebracht. Die Hans-E. Türme, die neben je einer Sendebaracke gebaut wurden, waren dagegen auf einzelnen Fundamenten mit den gleichen Sockelmaßen errichtet. Bis jetzt sind zwei Standorte bekannt. In Gräben, die heute noch gut zu sehen sind und von Bergbau-Invaliden aus dem Ruhrgebiet ausgeschachtet wurden, verliefen die Kabel von den Türmen zu den Sendebaracken und von dort aus zur Auswertung auf dem heutigen großen Parkplatz.

 

2 Heinrichspeiler von oben, gut sichtbar durch den Schattenwurf

 

Hans-E-Peiler und Sendebaracke in der Bildmitte

 

Das Herzstück der Jägerleitstellung war die Auswertung, ein Ziegelbau, der auf und neben dem heutigen großen Parkplatz auf dem Weg zum Robert-Kolb-Turm stand. Aus der Auswertung wurden die gewonnenen Nachrichten von den verschiedenen Peilertürmen im Bereich des Ebbekamms an den Zentralen Gefechtsstand übermittelt. Um diese Auswertung herum waren Holzbaracken aufgebaut, in denen die Mannschaften mit allem, was dazu nötig war, untergebracht waren. Teilweise wurden heimische Handwerker zum Aufbau der Auswertung und der Baracken dienstverpflichtet.

 

Gruppenbild der Handwerker, die die Baracken aufgebaut und angestrichen haben (Foto: Sammlung Schürmann)

 

Zur Wasserversorgung wurde im Einzugsgebiet des jetzigen Naturschutzgebiet „Wilde Wiese“ ein Brunnen bzw. Wassersammelbecken errichtet. Von dort wurde das Wasser zu einem Hochbehälter unterhalb des Kolb-Turms gepumpt. Neben der Barackenanlage bei dem jetzigen Parkplatz wurde außerdem ein Löschteich ausgeschachtet, der heute noch im Gelände zwischen dem Weg zum Turm und dem Südhangweg gut zu sehen ist.

Teilweise waren Soldaten, teilweise Wachposten, die nicht in der Wehrmacht Dienst taten, zur Bewachung der Anlage und des ganzen Gebietes um die Nordhelle herum eingesetzt. Es war zum Militärischen Sperrgebiet erklärt worden, so dass Zivilisten keinen Zutritt hatten. Aus diesem Grund haben wir bis jetzt auch noch keine Fotos von dieser Station gesehen. Einzig die Luftbilder der Alliierten aus dem März 1945 lassen die Anlagen von oben in ihren Ausmaßen erahnen.

 

Wachmannschaft vor dem mit Holz verkleideten Robert-Kolb-Turm (Foto: Sammlung Voswinkel)

 

Einmarsch der Amerikaner

Als die amerikanischen Truppen in der Zeit vom 9. bis 12. April das heimische Gebiet eroberten, war die Station „Nelke“ schon nicht mehr in Betrieb. Einige Einheimische auf Herscheider und Valberter Seite können sich noch an Bombenabwürfe auf dem Ebbekamm erinnern. Hinter dem jetzigen Parkplatz sieht man noch an mehreren Stellen Bombentrichter, Lauf- und Splittergräben und Stellungslöcher.

Die Sendebaracken und die Baracken um die Auswertung wurden nach dem Krieg von der heimischen Bevölkerung teilweise abgebaut und stehen heute noch an mancher Stelle auf Valberter und Herscheider Grundstücken. Auch alles andere, was in irgendeiner Form noch zu gebrauchen war, wurde mit nach Hause genommen. So wurden die gelagerten Lebensmittel, Lampen, Holz, Ziegel, liegengebliebene LKw´s u.a. mit Karren oder zu Fuß nach Valbert und Herscheid gebracht und anderen Zwecken zugeführt. Die Fläche der Auswertung und der Baracken wurde glatt geschoben, asphaltiert und als Parkplatz ausgewiesen. Deshalb erinnert heute nur noch Weniges an diese ehemalige Jägerleitstellung.

 

 

 

Überreste der Anlagen:

 

 

 

 

Baracke in Valbert aus dem Material der Jägerleitstellung (Foto: Sammlung Baehrens)

 

 

 

Löschwasserteich und Klärbecken

 

 

 

 

 

 

Brunnenanlage beim Naturschutzgebiet "Wilde Wiese"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hochbehälter

 

 

 

 

 

Sockel der Heinrichpeiler

 

 

 

 

 

 

 

Graben zwischen Heinrichpeiler und Sendebaracke

 

 

 

Fundament eines Hans-E.-Turms

 

 

 

 

 

 

 

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